Naturhuf und Ponies

Fütterung, Haltung und Pflege

Hufrehe (Laminitis) - vorbeugende Massnahmen

Übersicht

NEU: "Hufrehe (Laminitis) - vorbeugende Massnahmen" als E-book!

 

Einleitung

Eine Hufrehe kommt selten von heute auf morgen - meist liegen schon über längere Zeit unerkannte Probleme mit Hufen und Stoffwechsel vor.

Ponies naturnaher Rassen, von denen im weiteren Verlauf des Artikels die Rede sein wird, aber auch manche Gangpferde, Araber und Warmblüter sind mit kohlenhydratreichem Futter überfordert und leiden in der Folge an diabetesähnlichen Erkrankungen, welche zu einer Hufrehe führen können.

Zuwenig Bewegung, sowie eine schlechte Durchblutung und Nährstoffversorgung der Hufe, führen zu Mängeln in der Hornqualität. Zusätzlich belasten unpassende Hufkapselformen das stoffwechselkranke Pony. Entzündungen im Kronrandbereich schwächen die Lamellenschicht und führen zur gefürchteten Trennung von Hufbein und Hufkapsel.

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Insulinrestistenz und metabolisches Syndrom

Die Insulinresistenz ist ein Merkmal leichtfuttriger urtümlicher Ponyrassen. Diese sind darauf eingestellt, im Laufe des Sommerhalbjahres aus zwar meist reichlich vorhandenem, aber äusserst kargem Futter einen Energievorrat für den Winter - das sogenannte Depotfett - anzulegen.

Zu diesem Zweck wird ein guter Teil der im Futter vorhandenen, leicht verdaulichen Kohlenhydrate von der Leber in Fett umgewandelt und an Halskamm, Kruppe und Bauch eingelagert, um für Notzeiten zur Verfügung zu stehen.

Energie für "alltägliche" Körperfunktionen und Zellerneuererung, beziehen die Ponies hingegen aus den schwerverdaulichen Kohlenhydraten (den Rohfasern = Zellulose), aus welchen das Futter ihres Lebensraumes hauptsächlich besteht.

Dies erklärt den starken Fresstrieb unserer Ponies, den wir ihnen auf keinen Fall übel nehmen dürfen. Er half ihren Vorfahren auch bei kargem Futterangebot den Nahrungsbedarf zu decken. Hier liegt wohl auch der Grund für den haushälterischen Umgang wildlebender Ponies mit ihrer Energie (z.B. ruhiges Temperament) - ein Wesenszug, den viele unserer domestizierten Ponies noch immer aufweisen.

Dieses in der Natur zum Überleben äusserst wichtige System ist jedoch nicht auf konzentrierte Futtermittel wie Hochleistungsgräser, Getreide, Leckerli, Früchte, melassierte Futterzusätze usw. ausgelegt.

Die in solchem Futter reichlich enthaltenen, leichtverdaulichen Kohlenhydrate, lassen ein Pony rasch zu dick werden. Seine überladenen Fettdepots bringen daraufhin den Stoffwechsel zum entgleisen - man nennt dies das metabolische Syndrom. Ein permanent zu hoher Insulinspiegel schwächt hierbei Zellen und Gewebe, wie z.B. eben auch die Strukturen im Huf.

Manche Kohlenhydrate können im Übermass genossen zu Fehlgärungen im Dickdarm und als Folge davon, zu einem sauren Darmmilieu führen und die Darmwände schädigen. Dieses Risiko besteht übrigens bei jeder abrupten Futterumstellung.

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Cushing's Syndrom

Während bei der Insulinresistenz und dem metabolischen Syndrom eher feste Fettdepots an Hals, Kruppe, Bauch, Euter oder Schlauchtasche zu finden sind, weisen die (meist älteren) an Cushing's erkrankten Ponies eine schwache Oberlinie, weichere Fettpolster und einen kippenden Halskamm auf. Ganz typisch sind hier auch der mühselige Fellwechsel, grosser Durst und häufiges Wasserlassen, sowie kugelförmige Fettdepots oberhalb der Augen.

Ein Pony mit diesen Symptomen benötigt Medikamente und angepasste Fütterung. Auch hier ist eine Beschränkung der leichtverdaulichen Kohlenhydrate und eine ausreichende Menge an Protein angebracht. Letzteres, weil durch die Störung des Hormonhaushalts körpereigene Proteine abgebaut werden.

Es empfiehlt sich ausserdem, das Pony im Frühjahr ganz oder teilweise zu scheren, um seinen Kreislauf zu entlasten.

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Was und wie soll denn nun gefüttert werden, um das Risiko einer Hufrehe möglichst gering zu halten?

Viele der gebräuchlichen Futtermittel stellen sich bei genauer Betrachtung als für unsere Ponies ungeeignet heraus. Neben zuckerreichem Weidegras und Heu (üblicherweise stärkereichen Klee enthaltend) , sind auch Silage, Gras- und Luzernewürfel aus der Milchwirtschaft, sowie Mais, Getreide, Rüben und Früchte, für leichtfuttrige Ponies des Guten zuviel. Auch Stroh kann eine ganze Menge Zucker enthalten und ist aufgrund seines hohen Lignin (Holz)- und geringen Proteingehaltes als Ponyfutter ungeeignet.

Kommerzielle Mischfutter sind meist mit Melasse (Zuckkerrübensirup) angereichert - ein weiterer Grund, mit Getreidemischungen und Pellets zurückhaltend zu sein. Vielen Ponybesitzern ist dies durchaus bekannt und gefüttert wird daher nach dem "Ganz-wenig-von-allem-Prinzip".

Hier stellt sich allerdings die Frage, weshalb ungeeignete Futtermittel überhaupt eingesetzt werden sollen, denn durch das Weglassen von hochkonzentriertem Futter zu Gunsten von Rauhfutter, erhöht sich auch die Fresszeit und damit das allgemeine Wohlbefinden unserer Ponies. Es entstehen keine langen Fresspausen, in denen die stets vorhandene Säure den Magen mangels Inhalt übersäuern und Probleme wie Kolik und Magengeschwüre verursachen kann.

Von geeignetem, kohlenhydratarmem Heu, soll mindestens 2 kg pro 100 kg Körpergewicht/Tag verteilt auf möglichst viele Mahlzeiten, gefüttert werden.

Nach einigen Jahren regelmässiger Heuanalysen und Beobachtung unserer Tiere, hat sich das sogenannte Extensoheu als nicht unbedingt geeignet herausgestellt. Stattdessen verwenden wir im Mai geschnittenes Pferdeheu. Welches vom Mineral- und Nährstoffgehalt besser passt. Wenn sich nach der Analyse herausstellen sollte, dass eine Heulieferung zu zuckerreich ist, senken wir den Zuckergehalt durch einstündiges wässern.

Eine präzise Heuanalyse ermöglicht es uns, das Mineralfutter optimal abzustimmen. Als Kraftfutter eignen sich unmelassierte Zuckerrübenschnitzel.

Sauberes Wasser und Salz gehören selbstverständlich auch dazu.

Auf gar keinen Fall darf man seine Ponies hungern lassen, gerade die zu dicken Ponies sind auf eine konstante Versorgung mit kohlenhydratarmem Heu angewiesen. Grosse Fettdepots deuten nämlich darauf hin, dass der Stoffwechsel nicht richtig funktioniert und das Pony fehlernährt ist!


Ein Isländer mit metabolischem Syndrom und Hufrehe


6 Monate später hat er dank richtiger Fütterung schon einiges an Gewicht verloren.
Der "Rehehals" ist aber noch gut sichtbar.

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Gefährlicher Weidegang

Wir Ponybesitzer befinden uns in einer Zwickmühle: Einerseits ist der Weidegang die natürlichste und von unseren Ponies bevorzugte Art der Futteraufnahme, andererseits sind die Gräser unserer Weiden viel zu reichhaltig und weisen je nach Sorte, Wetter, Temperatur und Wachstumsphase, einen gefährlich hohen Gehalt an Zucker und Stärke auf, mit denen der Körper unserer Ponies auf keine Art und Weise fertig werden kann.

Zuviel Zucker (Stärke=Zucker) überlastet den Stoffwechsel und es entstehen gefährliche Mengen an Insulin. Dies führt zu Schäden im Huf und Störungen im hormonellen Gleichgewicht.

In diesem Szenario schleust Insulin Energie aus dem Futter in die Fettdepots und sozusagen an den Bedürfnissen des Ponys vorbei. Solange der Insulinspiegel hoch ist, kann das Pony kaum mehr auf die, in den Fettdepots gespeicherte Energie zurückgreifen. Das Pony geht auseinander wie ein Ofenküchlein, fühlt sich schlapp und hat stets Hunger.

In diesem Zusammenhang wird verständlich, weshalb es keinen Sinn macht, dicke Ponies durch hungern und Sport gesundmachen zu wollen. Stattdessen ist es angebracht, für stetige, gemächliche Bewegung und reichlich passendes Futter zu sorgen. Dies kann bedeuten, dass in manchen Fällen gänzlich auf frisches Gras verzichtet werden muss.

Doch auch bei Ponies die mit frischem Gras gut zurechtkommen, empfiehlt es sich sehr, Tageszeit, Witterung und Dauer des Weidegangs, sowie den Zustand der Wiese im Auge zu behalten.

Auf der Weide stürzen sich die Ponies auf ihrer Suche nach Wintervorräten zuerst auf die süssen, jüngeren Grasbüschel. Was als letztes gefressen wird, sind die faserreichsten und somit nährstoffärmsten Pflanzenteile.

Regelmässige Erholungspausen für die Graspflanzen und sorgfältiges Nachmähen sorgen für ein gesunde und ertragreiche Weide. Kurz gefressene und gestresste Trampelweiden sind gefährliche Zuckerbomben ohne Nährwert.

Am gefährlichsten wird es für unsere Ponies in der kalten Jahreszeit, vor allem dann, wenn tagsüber sonniges Wetter herrscht und die Gräser den mit Hilfe des Sonnenlichts gebildeten Zucker während der Nacht nicht in Wachstum umwandeln können.

Es empfiehlt sich deshalb, die Weiden in dieser Zeit geschlossen zu halten, bis auch nachts Temperaturen von mindestens 5 °C herrschen und man das Gras wachsen hört. Auch um die Weideflächen zu erhalten, ist es unserer Meinung nach sinnvoll, eine Winterpause einzulegen.

Der Zuckergehalt des Grases ist bei Sonnenaufgang am niedrigsten und nimmt im Verlauf des Tages stetig zu. Deshalb ist es von Vorteil, die Ponies am Vormittag Weiden zu lassen.

Unsere Ponies pendeln gerne zwischen frischem Gras und Heu, welches wir ihnen rund um die Uhr in engmaschigen Heunetzen anbieten.

Um beim Heuen möglichst zuckerarmes Futter zu erhalten, empfiehlt es sich, das Gras in den Morgenstunden zu schneiden.

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Was das Futter mit den Hufen zu tun hat

Hufe sind faszinierende Gebilde. In ihrem Innern arbeiten verschiedene Strukturen perfekt zusammen und ermöglichen unseren Ponies ein Leben voller freudiger Bewegung. Nährstoffe aus dem Futter gelangen mit dem Blut in den Huf und sorgen für ein gesundes, kräftig wachsendes Hufhorn.

Ist das Futter jedoch mangelhaft und nicht richtig verwertbar, oder die Durchblutung durch starre Eisen und Bewegungsmangel eingeschränkt, wächst Hufhorn von minderer Qualität.

Gerade die Lammellenschicht (weisse Linie), welche das Hufbein in der Hornkapsel stabilisiert, kann aber unter diesen Umständen ihre Funktion nicht mehr richtig erfüllen. Sie wird schwach und durch das Körperegewicht des Ponies auseinandergezogen. Dies ist dann als verbreiterte weisse Linie von unten her zu sehen.

Die Lamellenschicht ist übrigens ein richtiges Wunderwerk: sie hält das an ihr aufgehängte Hufbein und damit das ganze Pony in der Hufkapsel fest, lässt aber gleichzeitig die äussere Hufwand nach unten wachsen (ganz so wie unsere Finger- und Zehennägel). Damit dies möglich ist, regulieren genau aufeinander abgestimmte Stoffe das "Loslassen" und "Festhalten" der Hornkapsel.

Kommen mit dem Blut jedoch Giftstoffe aus dem Verdauungstrakt (z.B. durch Fehlgärung im Dickdarm abgestorbene Bakterien) in den Huf, so kann sich dieser Bereich entzünden und die Balance im Huf durcheinander gebracht werden. In der Folge löst sich die Hufkapsel immer mehr vom Hufbein und das Hufbein sinkt ab. Eine Rehe schleicht sich an.

Wie wir inzwischen wissen, kann eine Rehe auch durch Probleme des Stoffwechsels, im speziellen durch einen hohen Insulinspiegel ausgelöst werden.

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Die Wichtigkeit einer sorgfältigen Hufbearbeitung

Wie bereits geschrieben, ist eine intakte Lamellenschicht (weisse Linie) für die Hufgesundheit enorm wichtig. Neben passender Fütterung und Haltung, ist die sorgfältige Hufbearbeitung deshalb ein entscheidender Faktor in der Hufreheprävention.

Um die Lamellenschicht nicht übermässig zu belasten, dürfen die Hufwände nicht zu lang werden, denn der Strahl und auch die Sohle, müssen ebenfalls einen Teil des Körpergewichts mittragen können.


Bei diesem Huf tragen Strahl und Sohle mit

Überlange Hufwände behindern das Pony nicht nur beim Laufen, sondern hebeln und reissen auch bei jedem Schritt schmerzhaft an der Verbindung zwischen Hufbein und Hufkapsel. Im Gegenzug wird der Kronrandbereich gequetscht und kann sich entzünden.


Hier hebelt und reisst nichts

Rote Flecken, Rillen, Wülste und Risse in der Hufwand, oder ein Pony das zwar schöne Hufe hat, aber unwillig läft: hier stimmt etwas nicht, und es ist Zeit der Sache näher auf den Grund zu gehen. Ein Lauftier, welches nicht mehr laufen will, sollte uns stutzig machen!

Miriam Piguet und Christoph Elsaesser, im Juni 2006

http://www.naturhuf.ch
Letzte Aktualisierung: März 2013

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Weiterführende Links

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Gestaltung und Realisation:
Christoph Elsaesser